Ein interdisziplinäres Team von 15 Spezialisten legt bei der Schweizerischen Post den Grundstein für die Chatbots im Unternehmen. Was dahinter steckt und wann Kunden mit dem ersten Bot interagieren können, verrät Raphael Tanner, Business Analyst der Schweizerischen Post im Chat mit Botsblitz. Den Chat haben wir in Whatsapp geführt.

Raphael, Du arbeitest bei der Post und machst Chatbots. Wie ist es dazu gekommen?
Das war eher Zufall. Als ich meine Stelle als Junior Business Analyst antrat, begann der Proof of Concept bezüglich einer internen Botinfrastruktur bei der Post. Da dieses Vorhaben noch jemanden für den Contentaufbau seitens Contact Center benötigte, nominierte mich im August 2018 mein damaliger Chef dafür.
Hattest Du Dich schon vorher mit Chatbots beschäftigt?
Beschäftigt wäre das falsche Wort. Aufgrund meinem Interesse zum Thema Digitalisierung wusste ich was ein Chatbot ist, mehr aber nicht.
Und wie hast Du Dich fit gemacht im Thema?
Ich hatte sehr viele Treffen mit Spezialisten welche sich schon länger mit diesem Thema beschäftigten. Hinzu kamen Eigenrecherche und ein paar Dutzend Online Kurse.
Und wahrscheinlich viel Learning by Doing 🙂
Korrekt. Da war sehr viel Doing dabei 🙂
Wofür entwickelt ihr denn bei der Post einen Chatbot?
Die Vision war eine Botinfrastruktur zu erschaffen, welche für verschiedenste Use Cases für Kunden sowie für interne Prozesse genutzt werden kann. Starten werden wir mit Use Cases im Bereich Contact Center.
Eure Perspektive ist demnach konzernweit?
Korrekt. Ziel ist es, dass zukünftig jegliche Konzernbereiche diese Infrastruktur nutzen können, um für sie relevante Use Cases abzuwicklen.
Spannend, sehr oft entstehen Chatbots dezentral und dann folgt später die Diskussion, wie man sie zusammenbringt.
Genau das wollten wir verhindern 🙂
Sehr vorausschauend. Ich nehme an, dafür habt ihr deutlich länger gebraucht, bis die ersten Use Cases live waren, oder?
Die Entwicklung erforderte sicherlich mehr Zeit als wenn wir einen Bot eingekauft hätten. So hatten wir jedoch die Freiheit voll und ganz selbst zu entscheiden was wir wollen und was nicht.
Nach dem ersten Folgeprojekt werden die ersten Use Cases Ende dieses Jahres live und spürbar für unsere Kunden sein.
Was wird der Chatbot dann euren Kunden ermöglichen?
Der Bot wird unseren Kunden jegliche Informationen über deren eintreffenden Sendungen geben. Hier haben wir den Bot an eine API-Schnittstelle angeschlossen, um wichtige Sendungsdaten beziehen zu können. Ebenfalls wird er die häufigsten Kundenanfragen beantworten können wie auch die wichtigsten Informationen zu unseren Dienstleistungen erzählen. Wir starten hier also mit einem einfach Q&A-Bot und werden noch keine Dialoge unterstützen.
Zu allen Dienstleistungen der Post? Das dürfte eine ganze Menge sein
Da muss ich ein wenig korrigieren. Zu den Dienstleistungen welche die Themen Brief&Paket betreffen. Aber ja auch das sind nicht wenige 🙂
Für Leute wie mich, die mehr Chats und Mails als Briefe verschicken: kannst Du einen Eindruck geben, wie viel das ist?
Hier sprechen wir in etwa über 80-100 Themengebiete. Das ergibt ca. 60-70 Intents. Der Rest sind sogenannte Unterintents, welche nur über einen der 60-70 Intents angesteuert werden können.
Eine schöne Menge. Und das in vier Sprachen?
Nein. Wir starten zu Beginn lediglich mit Deutsch.
Ach so. Für die, die auch überlegen, sich einen Bot anzuschaffen. Kannst Du etwas dazu sagen, wie viel Arbeit es braucht, den Bot so weit zu bekommen, dass er zu diesen 80-100 Themen Bescheid weiss?
Das waren einige Arbeitsstunden. Insgesamt hatten wir hierzu schon sechs Monate Arbeit. Wichtig ist natürlich auch die Zusammenarbeit mit den Data Scientists, welche uns wichtige Auswertungen zur Verfügung stellen, sodass wir sehen können, wie sich die Qualität des Bots mit beispielsweise zwei neuen Themen entwickelt hat. Die eigentliche Arbeit am Bot wird aber erst so richtig mit dem Go-Live der ersten Use Cases beginnen. Also viel mehr als bei klassischen Applikationen wird eine fortlaufende Verbesserung in kurzen Zyklen notwendig sein.
Also kein Sideproject… Du sprichst einen guten Punkt an: die benötigten Skills. Wie gross ist euer Team? Welche Kompetenzen braucht es?
Auf jeden Fall kein Sideproject nein 🙂 Unser Team umfasst etwas um die 15 Projektmitglieder. Hierzu gehören:
- Projektleiter
- Teilprojektleiter
- Developers
- Data Scientisten
- Tester
- Content Manager
- UX Spezialisten
- Requirements Engineers
- externe Berater
Beeindruckend. Wie verteilt sich die Arbeit zwischen Technik und Inhalt?
Im Proof of Concept für die Infrastruktur unseres Bots war die Arbeit schon sehr technisch. Nun bei der Erarbeitung der ersten Use Cases würde ich behaupten, dass sich das Ganze ausgleicht.
Habt ihr schon erste Erfahrungen mit Kunden gemacht? Wir fallen die Tests bzw. das erste Feedback aus?
Wir hatten schon diverse interne Tests. Nach jedem Test haben wir die Feedbacks natürlich einfliessen lassen und konnten die Experience wie auch das Datenmodell stetig optimieren. Das Feedback wurde von Test zu Test positiver. Demnächst führen wir noch einen Usability Test mit externen Kunden durch.
Ihr geht also iterative vor. In Zahlen ausgedrückt: wo liegt das Konfidenzintervall des Bots?
Aktuell liegt dieser overall bei 0.90. Unterschiedliche externe Berater wie auch eigene Erfahrungen haben gezeigt, dass wir nicht unter ein Konfidenzintervall von 0.85 fallen möchten.
Was darfst Du zum technischen Setup verraten?
Die Infrastruktur ist wie gesagt eine Eigenentwicklung. Bei der natürlichen Sprachverarbeitung (NLP) unterstützen uns natürlich auch diverse bestehende Technologien.
Konkret?
Rasa. Sagt dir etwas?
Ja, damit gearbeitet habe ich (leider) noch nicht. Bis jetzt einfach Luis oder Dialogflow, wozu es halt nicht zwingend Entwickler braucht…
Danke für den Chat, ich hoffe Du erzählst dann später nochmals von euren Erfahrungen.
Sehr gerne erzähle ich dir noch mehr, sobald ich dies kann.