Messaging zählte schon vor Corona zu den beliebtesten Aktivitäten auf Smartphones. Im Lockdown im Frühling 2020 meldete Facebook, dass Nutzer über seine Apps 50 Prozent mehr Kurznachrichten verschickten. Es ist Zeit, Chat – manuell und mit Chatbots automatisiert – einen Platz in den Kundenbeziehungen einzuräumen.
Chatten gehört zu den populärsten und häufigsten Aktivitäten auf dem Smartphone. Mit einem Chatbot erreichen Unternehmen ihre Kunden dort, wo sie sind auf eine Art, die sie mögen. Den Kontakt können sie erst noch ganz oder teilweise automatisieren.
Wie sich das mobile Nutzerverhalten in den vergangenen Jahren verändert hat, lässt sich an der Entwicklung von Facebook ablesen. Jenem Unternehmen, das für den meist verbreiteten Messenger – Whatsapp – schon 2014 über 19 Mrd. US-Dollar zahlte.
Im gleichen Jahr liess sich Mark Zuckerberg wie folgt zitieren:
“Messaging is one of the few things people do more than social networking.”
Mark Zuckerberg, 2014
Das Herzstück von Facebook war für viele Jahre der Newsfeed: Wer das Neuste aus seinem Netzwerk erfahren wollte, öffnete die App und sah als Erstes die Posts seiner Freunde.
Je grösser Facebook wurde und je beliebter verschwindende Posts wie bei Snapchat wurden, umso weniger teilten seine Nutzer eigene Inhalte öffentlich. Das Volumen von “original content” sank von 2015 auf 2016 um um 30 Prozent.
Inhalte von Medien oder Marken teilten Nutzer weiterhin. Einfach privat über Email oder Messenger. “Dark Social” nennt sich das im Fachjargon. Mehr.
2019 ergab eine Studie von 3000 Internetnutzern im Vereinigten Königreich und den USA, dass 63% Inhalte am liebsten privat teilen. Vorwiegend über den Facebook Messenger und WhatsApp.
Im gleichen Jahr verkündete Facebook-Gründer Mark Zuckerberg nun an der hauseigenen Entwicklerkonferenz f8: “The future is private”.
Nach den Datenskandalen der vergangen Jahre klingt das erst mal nach Schönfärberei. Imagepflege ist sicherlich mit ein Grund für diese Aussage. Der springende Punkt aber: Facebook passt sich seinen Nutzern an, die weniger öffentlich dafür in privaten Nachrichten teilen. Mehr.
“We’re building a foundation for social communication aligned with the direction people increasingly care about: messaging each other privately”
Mark Zuckerberg, 2019
Bereits arbeitet der Konzern an der Verschmelzung der Messenger Dienste von Instagram, Whatsapp und Facebook, so dass Nutzer “private und verschlüsselte” Nachrichten zwischen den Apps senden können.
Gelingt dies Facebook, kommt es dem grossen Vorbild deutlich näher: der chinesischen Messaging App WeChat, die ihren Nutzern keinen grund mehr bietet, die App zu verlassen. WeChat ist das Internet.
Wenn sich der Social Media-Platzhirsch derart konsequent auf mobile Messaging ausrichtet, sollte jedes Unternehmen Strategien entwickeln, wie es in diesem neuen digitalen Umfeld statt findet.
Welche Gründe gibt es noch, warum Messaging und Chatbots relevant sind?
Hier einige ausgewählte Facts & Figures.
Praktisch jede Präsentation über Messenger und Chatbots beginnt mit der gleichen Grafik. Sie zeigt: die vier grössten Messaging Apps hatten bereits Anfang 2017 mehr Nutzer als die vier grössten Social Media-Plattformen.

Zudem öffnen Nutzer ihre Messaging Apps öfters und brauchen sie intensiver als die meisten anderen Smartphone Apps. Mehr.
Es vergehen keine zehn Minuten, ohne dass Smartphone-User einen Blick auf ihr Gerät werfen. Der häufigste Treiber: Whatsapp (Quelle).
Die aktuell meist genutzten Messaging Apps weltweit sind WhatsApp, der Facebook Messenger und WeChat. Mehr.

In Deutschland nutzen neun von zehn Smartphone-User WhatsApp (Quelle).
Gleichzeitig kommt eine Sättigung mit Smartphone Apps (“app fatigue”) hinzu:
- Die Tech-Titanen wie Google, Facebook, Amazon & Co. machen die Top 30 Smartphone-Apps zusehends unter sich aus, mit der Ausnahme von Games kommen kaum noch neue Anbieter an die Spitze – und somit zu einer breiten Nutzerbasis. Mehr.
- Die Mehrheit der US-Smartphone-Nutzer lädt keine neuen Apps mehr runter. Mehr.
- Nutzer brauchen nur eine Handvoll Apps regelmässig.

Nutzer verbringen ihre Zeit mit Messaging und Social Media Apps.

Last but not least: Über alle Alterskategorien ist Messaging die beliebteste und häufigste Aktivität auf dem Smartphone:

Quelle: Media Use Index 2018 mit Daten aus der Schweiz.
Zusammengefasst: Menschen ❤️ Messaging.
Die strategische Fragestellung aus Unternehmenssicht: Wie findet unsere Marke im Messaging-Umfeld statt? Konkret: in einem der beliebtesten Messenger? Wie können wir die Beliebtheit von Messaging als Interaktionsform für uns nutzen?
Chatbots für den Kundenkontakt
Weitere interessante Facts & Figures:
89 Prozent der Konsumenten möchten Messaging nutzen um mit Unternehmen zu kommunizieren. Das fand Twilio, ein Anbieter von Cloud-Kommunikationsdiensten, 2019 in einer Befragung von 6000 Internetnutzern weltweit heraus. Mehr.
In einer Studien von Nielsen im Auftrag von Facebook gaben 53 Prozent der Befragten an, dass sie eher von einem Unternehmen kaufen, das sie via Messenger direkt kontaktieren können. Mehr.
75 Prozent der Schweizer Konsumenten gaben gegenüber pwc an, dass sie “Chatbot-bereite Kommunikationskanäle” als Interaktionsform mit Unternehmen bevorzugen. Mehr.
70 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind gemäss einer Studien von Pidas bereit, mit digitalen Helfern zu interagieren (2018). Mehr.
In Deutschland liegt dieser Anteil tiefer: Gut ein Viertel der Deutschen kann sich vorstellen, einen Chatbot zu nutzen. Dies ergab eine repräsentative Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom (2017). Mehr.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Kunden sind aufgeschlossen, je nach Studie erwarten sie gar, dass sie Unternehmen via Chat kontaktieren können. Das bedeutet hingegen noch nicht, dass sie von Chatbots bedient werden möchten. Allerdings gaben Befragte in den zitierten Studien an, dass sie dafür bereit sind. Ob sie Chatbots dann tatsächlich nutzen, wird die Praxis weisen.
Einige Prognosen zum Chatbot-Markt
In welche Richtung sich der Chatbot-Markt entwickeln wird und wie sich Unternehmen verhalten werden, prognostizieren namhafte Beratungs- und Technologieunternehmen.
Bis 2024 wird der globale Chatbotmarkt ein stolzes Wachstum auf 994,5 Mio US-Dollar zurücklegen.

Bis 2021 werden mehr als die Hälfte der Unternehmen mehr Geld für Bots und Chatbots als für traditionelle Smartphone Apps ausgeben. Gartner 2017.
Laut einer Oracle Studie sollen Chatbots bis 2020 einen Grossteil des Kundendienstes übernehmen: 80 Prozent der großen Marken werden demnach Chatbots als Kundenberater einführen. Mehr.
In Deutschland setzt 2019 bereits jedes dritte der 30 DAX-Unternehmen Chatbots als digitalen Touchpoint in der Kundenkommunikation ein. Mehr (Download).
Insgesamt gab es 2018 50’000 Skills auf Alexa und 300’000 Chatbots im Facebook Messenger. Was nach einer stolzen Zahl klingt, relativiert sich rasch: das entspricht nur einem Prozent aller auf Facebook aktiven Unternehmen. Mehr.
Zusammenfassung
Messaging trifft den Nerv der Zeit und ist die nativste Form der Kommunikation auf einem Smartphone. Mit Chatbots eröffnet sich für Unternehmen die Chance, mit einer beliebten Interaktionsform eine neue Beziehung zu Kunden zu knüpfen oder bestehende zu ergänzen – ganz oder teilweise automatisiert.
Bis zu welchem Anteil Kundenbeziehungen mit Chatbots gestaltet werden, sind sich die zahlreichen Prognosen nicht einig. Die Realität scheint den Studien noch hinterher zu hinken, mindestens im deutschsprachigen Raum. Es zeigt sich aber, dass bereits einige Unternehmen das Potenzial erkannt haben und ihre Chatbots weiter entwickeln.
Photo by Robin Worrall